Rückblick Gemischter Satz – Margret Lochner, Eva Schnitzer / Schnitzer& Studio

Es ist immer gut, eine Rede mit einem Zitat zu beginnen: „Der Gemischte Satz ist eine Weinspezialität aus bis zu zwanzig weißen oder roten Rebsorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten und unterschiedlichen Säuregrad, die gemischt im Weingarten ausgepflanzt werden und gemeinsam gelesen, gekeltert und vergoren werden. Weine, die nach dieser Methode hergestellt werden, zeichnen sich durch Individualität und Herkunft aus.“ So schreibt das österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft unter der Registernummer: 247. Vom Wein wird noch die Rede sein.

Gemischter Satz

Doch nun zu den beiden Künstlerinnen: Eva, ausgebildete Architektin, Kunsttherapeutin, Malerin, Margret, diplomierte Grafikerin, beide sind engagierte Künstlerinnen, die fast täglich im „Atelier 104,“ so haben sie ihren Arbeitsraum auf dem Gelände des ehemaligen Münchner Viehhofs genannt, arbeiten. Nun sind sie dort seit immerhin 10 Jahren, eingemietet, zwischen Metzgern, Gastronomen, Suppenküche, Messerschleifern, Architekturbüros, Sinologinnen, Maklern, zunächst mit unsicherer Prognose. Mittlerweile hat sich dort das Münchner Volkstheater angesiedelt. Die Perspektive ist immer noch unsicher, aber man könnte fast sagen stabil unsicher. Solche Ort sind wichtig und kostbar in einer Stadt wie München, in der mit nahezu jedem Quadratmeter spekuliert wird.

Der Wunsch nach gemeinsamen Räumen entstand über das gegenseitige Porträtieren. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Arbeiten. 2013 die erste gemeinsame Ausstellung mit dem Titel „kreuzen“ in der Seidlvilla. Es folgten viele weitere. Fest etabliert hat sich ihre jährliche Atelierausstellung im „Atelier104“, wo immer die Arbeiten des aktuellen Jahrgangs, die dort enstanden sind, gezeigt werden.

Gemischter Satz sozusagen.

Es folgten Ausstellungen wie die über ihr langjähriges Modell „Angela“ mit Fotos von Bernhard Betancourt, die Teilnahme an den Truderinger Kunsttagen, Intensiv wie kaum jemand sonst haben sie sich mit dem Ort beschäftigt, dem Viehhof, ihre unmittelbare Umgebung, haben die vielfältigen Nutzungen auf diesem Gelände sorgfältig beobachtet und verarbeitet. Entstanden sind drei Ausstellungen mit Malerei, Druckgrafik, Video und einer Publikation, die hier ausliegt. So ist 2015 das Projekt „Vie(h)lhof“ entstanden.

2016 dann das Projekt und die Ausstellung TRIS mit Heidi von Wallpach. Und die Ausstellung „verdichtet“ mit Gedichten von Gabriele Stolz. Für Eva und Margret ist das Atelier immer auch ein Ort, an dem andere Künstlerinnen zu Projekten, gemeinsamen Arbeiten und Ausstellungen eingeladen werden. Mit Erna Leiß entstand das Projekt „Emetrio“, dessen Arbeiten bei der Jahresausstellung 2023 des Kunstverein Rosenheim gezeigt wurden.

Gemischter Satz sozusagen.

Wichtig ist den beiden eben der Austausch mit anderen Künstler:innen, wie beim Projekt „Letterbox“, initiiert von Anna Frydman mit Johanna Berüter, bei dem mehrere Künstler:innen nach gewissen Regeln aber dann doch überraschend frei im Ringtausch künstlerische Arbeiten gemeinsam erstellen. Eine Idee aus der Corona-Zeit.

Wichtige Modelle in diesen 10 Jahren waren Angela, Ellen, Lena, wichtige Ausstellungsorte das Atelier, das Lanz7 in Laim, die Seidlvilla in Schwabing, der Kunstverein Rosenheim, die Truderinger Kunsttage oder auch mal die Trostburg in Südtirol. Und immer wieder gerne unser Studio hier. Natürlich gab es auch Einzelausstellungen der beiden an unterschiedlichen Orten.

Beeindruckend ist für mich und auch für andere immer wieder, wie Eva und Margret eine Ausstellung konzipieren und realisieren. Es ist ein Genuss, diese Phase miterleben zu dürfen. Wie sie mit ruhiger Hand die richtigen Trauben und Arbeiten auswählen und mit sicherem Gespür zusammenfügen zu einem stimmigen Ganzen.

Gemischter Satz sozusagen.

Damit wären wir bei der Ausstellung hier.
Martin Schnitzer, 21.9.2023

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